Produziert für: – Jahr: 2017 / 2022.
Kategorie: Fotoreportage / Landschaftsfotografie / Blog.
Gimme five: Noch lässt es sich an einer Hand abzählen, vor wie viel Jahren mein Universitätsklinikum- & Foto-Freund Paul Mehnert und ich in Island waren. Ein guter Grund, deshalb das virtuelle Fotobuch in die andere Hand zu nehmen – und nochmal auf einen ganz besonderen (Road-)Trip zurückzublicken. Tatsächlich war es auch diese Reise, die meine Leidenschaft fürs Reisen durch Skandinavien (und das Reisen mit einem vollgepackten Auto) geweckt hat. Aber von Anfang an: Was mit einer kleinen Frage begann (»Darf ich mit?«), entwickelte sich zu einem Trip, den ich mein Leben lang nicht vergessen werde – auch wegen des letzten Tages. Aber dazu später mehr. Ach ja: Weil man drei Wochen in einem relativ kurzen Text schlecht Tag für Tag abhandeln kann, wird hier ganz einfach nach Motiven gruppiert rekapituliert.
Fangen wir von vorne an: Zunächst ist da natürlich die unglaubliche Natur, geformt von Wetter, Vulkanen, aber auch dem vielen Wasser in Island. Naja, und auch ein wenig von dem, was die Menschen dazu konstruiert haben. So wie ihre Kirchen und Scheunen, die ob der Haltbarkeit oft über ein Torfdach verfügen. So wie die kleine Kapelle und Geräteschuppen in Nupsstadur im Süden von Island. Was uns dann auch wieder zurück zum Wasser bringt, denn hier fallen auch gerne mal 2000 Milliliter Niederschlag pro Jahr. Ohne Gras auf dem Dach? Würden die Holzbauten schlicht und einfach verfaulen. Der Regen hat aber auch sein Gutes: dank ihm gedeihen Gras, Moose und Flechten – und färben das Land Grün. Gefühlt sind es dann auch gleich hundert verschiedene Farbtöne von Grün. Hundertfach sind auch die Wetterwechsel an einem einzigen Tag – zumindest gefühlt. Nicht umsonst lautet ein isländisches Sprichwort: »Wenn Dir das Wetter nicht gefällt, warte einfach fünf Minuten!«
Ein wenig länger muss man aber wahrscheinlich warten, wenn man einen Menschen im Süden Islands treffen will. Denn in den Vulkanebenen unterhalb des Vatnajökull haben sich nur wenige Seelen dauerhaft verirrt. Viel eher trifft man auf die freundlichen und offenen Isländerinnen und Isländer in den kleinen und großen Lokalzentren. Zum Beispiel in Reykjavik, das als Hauptstadt natürlich prädestiniert ist. Dort durfte ich die Goldschmiedin Harpa in ihrer Werkstatt besuchen, die mir einige Weisheiten und Geschichten aus ihrer Heimat erzählte. Den Namen des verschmitzt grinsenden Mannes wiederum? Konnte ich beim besten Willen nicht verstehen. Denn der optisch echte Isländer stellte sich als falscher Fjord-Bewohner und stattdessen tatsächlicher San Marinese heraus. Irgendwo zwischen Englisch, Italienisch und Spanisch war zumindest ein Porträt möglich – und irgendwann auch klar, dass er seinen Sohn besuchte. Und wenn man so darüber nachdenkt, dann hatte Humboldt tatsächlich Recht: "Im Grunde sind es immer die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben." Egal ob beim Besuch der geliebten Familie oder der Kommunikation mit Händen und Füßen.
Spricht man dann von Island, läuft man schnell Gefahr, das Wort »einzigartig« inflationär zu nutzen. Aber es stimmt – besonders auch mit Blick auf Flora und Fauna. Bäume und Wälder sind beispielsweise die Ausnahme auf der Insel, die Islandpferde eine ganz eigene Unterart der Huftiere. Gleichzeitig ist die Insel aber auch ein Paradies für Vögel. Von den weltbekannten Papageientauchern (auch Puffins oder Lundi genannt) über die schönen und streitbaren Küstenseeschwalben bis hin zu Großen Brachvögeln findet sich fast alles auf der Insel. Inzwischen trifft man aber auch Nerze an der Küste: einst als Pelzlieferant gehalten, büchsten sie aus und leben nun Fische jagend am Ufer des Atlantiks. Und wer Glück hat, der trifft am Meer auch einen Seehund – die Säugetiere sind von Natur aus zwar vorsichtig, aber mindestens ebenso neugierig.
Was da sonst noch zu sagen bleibt? Der viel zu oft bemühte Satz, dass man Island unbedingt besucht haben sollte. Sicher, der Massentourismus hat dem kleinen Inselstaat nicht nur Gutes beschert. Aber mit Augenmaß lässt sich auch heute noch ein wunderbarer Urlaub mit Rücksicht erleben. Selbst an touristischen Hotspots wie dem Kirkjufell oder dem Skógafoss, sie muss man nur mit genug Geduld und zum richtigen Zeitpunkt besuchen.
Und wo wir schon beim richtigen Zeitpunkt sind: Einen besseren Moment als die letzte Nacht hätte es für überraschende Nordlichter außerhalb der Saison wahrscheinlich nicht gegeben. Zumindest nicht auf dieser Reise.